Eine Relation R ist eine Äquivalenzrelation in A genau dann, wenn sie reflexiv, symmetrisch und transitiv ist.
Unter der Äquivalenzklasse oder Restklasse x∣R eines Elements x verstehen wir alle y∈A mit xRy. In Mengenschreibweise:
x∣R:={y∈A∣xRy}
Dieses x wird auch der Repräsentant der Äquivalenzklasse genannt.
Die Menge aller Äquivalenzklassen A∣R heißt das Restesystem von R nach A.
A∣R:={x∣R∣x∈A}
Bemerkung
Auf die Reflexivität kann in obiger Definition nicht verzichtet werden. Eine symmetrische und transitive Relation muss nicht notwendigerweise reflexiv sein. Es folgt zwar aus xRy wegen der Symmetrie sofort yRx und mit der Transitivität auch xRx. Dieser Schluss ist aber nur dann korrekt, wenn es ein y mit xRy gibt.
Satz 5410X
Zwei Äquivalenzklassen x∣R und y∣R sind genau dann gleich, wenn xRy, also ihre Repräsentanten in Relation zueinander stehen:
x∣R=y∣R⟺xRy.
Beweis
Sei x∣R=y∣R, dann ist wegen der Reflexivität von R: x∈x∣R und x∈y∣R damit gilt aber xRy.
Wenn andererseits xRy und ein beliebiges z∈x∣R, dann ist xRz und wegen der Symmetrie auch zRx und wegen der Transitivität zRy und damit ist z∈y∣R. Damit haben wir x∣R⊆y∣R gezeigt. Die Inklusion y∣R⊆x∣R zeigt man analog. □
Satz NZ38 (Äquivalenzklassen als Zerlegung)
Sei R eine Äquivalenzrelation in A. Dann gelten für das Restesystem A∣R folgende Eigenschaften
- Keine Äquivalenzklasse ist leer: ∀X∈A∣R:X=/∅
- Die Vereinigung aller Äquivalenzklassen ist die Menge A selbst: ⋃(A∣R)=A
- Je zwei verschiedene Äquivalenzklassen sind disjunkt: X,Y∈A∣R∧X=/Y⟹X∩Y=∅
Ein Teilmengensystem mit diesen Eigenschaften nennt man auch eine Zerlegung oder Partition.
Beweis
Die Eigenschaften (i) und (ii) folgen unmittelbar aus der Reflexivität der Äquivalenzrelationen.
Für (iii) zeigen wir: Sind x∣R und y∣R zwei Äquivalenzklassen und haben sie ein Element gemeinsam, dann stimmen sie überein. Sei z∈x∣R und z∈y∣R, dann gilt xRz und yRz, wegen der Transitivität auch xRy und wegen dem oben gezeigten also x∣R=y∣R. □
Jede Äquivalenzrelation R in A erzeugt eine Zerlegung der Menge A. Es gilt sogar die Umkehrung. Das Ergebnis fassen wir in folgendem Satz zusammen.
Satz YP15 (Hauptsatz über Äquivalenzrelationen)
Sei A eine Menge und R eine Äquivalenzrelation in A, dann erzeugt R eine Zerlegung der Menge A. Die Mengen dieser Zerlegung sind gerade die Äquivalenzklassen.
Wenn andererseits eine Zerlegung Z einer Menge A gegeben ist, können wir in natürlicher Weise eine Äquivalenzrelation RZ definieren, so dass diese Zerlegung Z genau aus den Restklassen A∣R besteht.
Beweis
Den ersten Teil des Satzes haben wir schon beweisen (Satz NZ38).
Wenn RZ eine Zerlegung von A ist, definieren wir xRZy:⟺∃Z∈Z:x∈Z∧y∈Z. Zwei Elemente stehen also genau dann in Relation genau dann, wenn es eine Menge aus Z gibt, zu der sie gemeinsam gehören. Wir merken an, dass dieses Z aus der Definition eindeutig bestimmt ist, da ja Z nur aus disjunkten nicht leeren Mengen besteht, die A überdecken.
Auf Grund der Definition ist klar, dass wenn RZ eine Äquivalenzrelation ist, dann stimmen die Äquivalenzklassen mit den Mengen aus Z überein.
Es bleibt zu zeigen, dass RZ tatsächlich eine Äquivalenzrelation ist. RZ ist reflexiv, da jedes x∈A auch in einem Z∈Z liegen muss. Wenn xRZy dann gibt es ein Z∈Z mit x,y∈Z also gilt auch yRZx, womit RZ symmetrisch ist.
Wenn xRZy gibt es ein Z1 mit x,y∈Z1. Gilt auch yRZz, dann muss es ein Z2 geben, so dass y,z∈Z2. Z1 und Z2 enthalten ein gemeinsames Element y, daher muss wegen der Zerlegungseigenschaft Z1=Z2 gelten. Also ist auch xRZz, womit die Transitivität gezeigt ist. □
Damit sind Zerlegungen und Äquivalenzrelationen mathematisch gesehen identische Objekte. Sie beschreiben eine Sachverhalt lediglich mit unterschiedlichen Mitteln: einerseits als Teilmengensystem und andererseits als Äquivalenzrelation, wobei bei jeder Beschreibung spezielle Eigenschaften gelten müssen.
Beispiel (Kongruenzen)
Für a,b∈Z und n∈N+ definieren wir aRb:⟺a≡bmodn. Zwei Zahlen sollen also genau dann äquivalent sein, wenn sie kongruent modulo n sind, also bei der Division durch n den gleichen Rest lassen.
Man überzeugt sich leicht, dass die so definierte Relation eine Äquivalenzrelation ist (vgl. Satz 164R).
Die Äquivalenzklassen sind dann gerade alle Zahlen, die bei der Division durch n den gleichen Rest lassen. Als Repräsentanten für die Klassen kann man die Zahlen 0,1,⋯,n−1 auswählen.
Für n=2 sind die Äquivalenzklassen genau die geraden und die ungeraden natürlichen Zahlen.
Weitere Beispiele
Siehe unter
- betragsgleiche komplexe Zahlen (Bemerkung 16L3)
- halbmetrische Räume (Satz 5608K)
Jede Wissenschaft bedarf der Mathematik, die Mathematik bedarf keiner.
Jakob I. Bernoulli
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